Experten für gesundes Raumklima machen alte Villa zum Öko-Zentrum

    Hamburger Abendblatt, 20.01.2015

    Am Rande des Neubaugebiets Erlenhof gründen Firmen ein Kompetenzzentrum für gesundes Bauen und Wohnen. Sie bieten Produkte an, die frei von gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen sind.
    Von Julia Sextl

    Ahrensburg. Der neue Boden ist verlegt, die Wände sind gestrichen, und die Schrankwand ist aufgebaut. Doch die Freude über das neue Zuhause währt nicht lange: Der Mutter tränen die Augen, das Kind hat Kopfschmerzen, den Vater befällt ständige Müdigkeit. Schuld daran können Baustoffe oder Materialien sein, welche die Raumluft mit Schadstoffen belasten. Wer sich vor solchen Giften schützen will, findet Hilfe bei Experten in Ahrensburg: Dort entsteht das "Kompetenzzentrum für gesundes Bauen und Wohnen" – in einer alten Villa mitten im zurzeit größten Neubaugebiet Schleswig-Holsteins, dem Erlenhof.
    Initiator ist Norbert Lüneburg, Geschäftsführer des Unternehmens GfG Hoch-Tief-Bau aus Henstedt-Ulzburg. Auf die Idee, sich mit dem Thema zu beschäftigen, kam Lüneburg durch ein persönliches Erlebnis: "Ich hatte 1998 ein altes Haus saniert und bekam daraufhin jedes Jahr im Frühjahr Kopfschmerzen", sagt der 52-Jährige. Rund fünf Jahre sei das so gegangen, dann machte er sich auf die Suche nach der Ursache. Das Ergebnis: Durch die Veränderung der Druckverhältnisse im Frühling dünstete in dieser Jahreszeit der Kleber des Korkfußbodens aus – und machte aus der Raumluft einen kleinen Giftcocktail.
    Auch das Helmholtz-Zentrum warnt vor Chemikalien
    Auch eine aktuelle Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) warnt vor schädlichen Chemikalien in der Raumluft. Demnach erhöht zum Beispiel ein neuer Fußboden das Risiko für Babys um das Fünffache, im ersten Lebensjahr eine Atemwegserkrankung zu bekommen. "Wir raten daher dringend davon ab, in Wohnungen von Schwangeren Laminat, Teppichboden oder andere Materialien neu zu verlegen", sagt Ulrich Franck vom UFZ.
    Fast das ganze Leben verbringen Menschen in Räumen. Laut Umweltbundesamt sind es 80 bis 90 Prozent der Zeit. In der Raumluft finden sich oft Schadstoffe, darunter flüchtige organische Verbindungen, für die sich die englische Abkürzung VOC (Volatile Organic Compounds) eingebürgert hat. Es handelt sich dabei um eine Vielzahl synthetischer und natürlicher Stoffe, die bereits bei Zimmertemperatur aus verschiedenen Materialien und Produkten ausgasen. VOC sind in jeder Wohnung zu finden. Je nach Konzentration in der Raumluft können Menschen empfindlich darauf reagieren, teils mit Reizungen der Augen oder der Schleimhäute, teils mit Kopfschmerzen, Schwindel oder Müdigkeit.
    Die Problematik sei vielen Hausbesitzern gar nicht bewusst
    "Das Problem ist, dass bei den meisten der Kenntnisstand nicht da ist", sagt Norbert Lüneburg. Viele Menschen wüssten gar nicht, welche Schadstoffe sie im Haus hätten. Denn nicht nur Fußböden oder Möbel, sondern auch Fenster, Türen und Wandfarben können Schadstoffe ausdünsten.
    Dabei geht es auch ohne Gift: Jobst Nagel und Rainer Jarck, die mit ihrer Firma Greenday gerade von der Großen Straße an den Stadtrand umgezogen sind, bieten Produkte an, die frei von gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen sind. Manche wirken sich zusätzlich sogar positiv auf das Raumklima aus, wie die Wandfarbe namens Raumgesundfarbe: "Dort sind Glasperlen mitverarbeitet. Dadurch kann die Farbe Feuchtigkeit und Wärme speichern", erklärt Rainer Jarck. Zudem soll sie die Raumluftzirkulation unterdrücken können. Dadurch sei weniger Staub in der Luft, ergänzt Jobst Nagel.
    Auch spezielle Böden haben die Raumluft-Pioniere im Angebot. "Etwa 90 Prozent der Hersteller verwenden heutzutage immer noch Böden mit Weichmachern", sagt Jarck. Bestimmte Weichmacher könnten allerdings Unfruchtbarkeit bei Männern verursachen, da sie in ihrer Wirkung bestimmten Hormonen ähnlich sind. Die Design-Böden, die Greenday verkauft, seien hingegen chemisch neutral, sagt Jarck. Anstatt Weichmachern sei hier Zitrussäure verarbeitet. Die Produkte vertreibt Greenday unter anderem über einen Online-Shop.
    Jobst Nagel und Rainer Jarck haben sich in ihren neuen Räumen im Kompetenzzentrum für gesundes Bauen und Wohnen gerade eingelebt. Folgen werden ihnen weitere Unternehmen, die "raumgesunde" Produkte anbieten. Die alte Villa, die früher zum Schloss Ahrensburg gehörte, wird gerade saniert. Das Erdgeschoss ist bereits fertig – und ein Schulbeispiel für gesundes Raumklima. "Nachhaltigkeit und Gesundheit, das sind die Themen der Zukunft", sagt Jarck. Darin sind sich die Experten des Kompetenzzentrums einig.

    Bild oben: Die Gründer v.l.: Norbert Lüneburg von der GfG, Rainer Jarck und Jobst Nagel von Greenday

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