Interview mit unserem Vorstandsvorsitzendem Björn Engholm (Verband – Das Europäische Markenhaus) | Pressespiegel

    „Wohnen ist ein Teil der Identität“

    Er ist bekennender Schöngeist, Pfeifenraucher, Weintrinker, Kunstkenner, und er schätzt gute Architektur. Aber bodenständig ist Biörn Engholm auch. Und so engagiert er sich in einem Verband' der Bauherren den sicheren Weg in die eigenen vier Wände weisen will.

    Es tropft. Das Gesicht des Hausherrn verzieht sich zu einem angespannten Lächeln, als er uns an der Wohnungstür im dritten Stock einer Lübecker Villa unweit des Flüsschens Wakenitz begrüßt. Das Dach wird gerade gedeckt - und dem ersten Platzregen seit Wochen hält die Folie leider nicht stand. So haben Barbara und Björn Engholm Schüsseln aufgestellt, damit das Wasser, das sich seinen Weg durch das Obergeschoss ihrer Maisonette ins Wohnzimmer sucht, wenigstens nicht den grauen Teppichboden durchfeuchtet. Aber Björn Engholm ist eben ein Profi, und ein Wassereinbruch noch lange kein Grund, die Contenance zu verlieren.

    Es kommt nicht so oft vor, dass SCHÖNER WOHNEN Politiker interviewt. Lässt sich eigentlich an der Einrichtung erkennen, welcher Partei ein Politiker angehört, oder zumindest welche Geisteshaltung er einnimmt? Nein, nicht generell. Ich jedenfalls habe manche Überraschung erlebt. Ich habe Wohnungen von sehr wohlhabenden, gebildeten Konservativen gesehen und bin vor Schreck rückwärts rausgefallen. So überladen und barock! Eine wirkliche Entsprechung von Herkunft, Bildung, politischer Überzeugung und Stil habe ich nur selten feststellen können. Es gibt Politiker, die stilbildend wirken könnten, was man von ihnen eigentlich auch immer gedacht hätte, weil sie des Wortes mächtig sind und voller Geist - und wenn man dann die Wohnungen oder Häuser sieht, dann stellt man fest: Da ist keine eigene Handschrift, keine eigene Ästhetik. Und daraus lässt sich dann im Einzelfall doch etwas schließen: Wenn die Wohnung nämlich so aussieht, dann ist der Mensch vielleicht doch nicht so perfekt, wie er sich gerne darstellt. Sie möchten uns nicht vielleicht doch ein paar Namen verraten?
    Keine Namen!

    Neigen denn grüne Politiker eher zu Vollholzmöbeln als andere? Die Grünen waren lange auf dem Ikea-Trip, wie die aufgeklärten Linken in der SPD auch. Ikea hat damals, als es losging, eine gewisse Modernität ins Wohnen gebracht, einen demokratischen Stil, weg vom Barock, weg vom Plüsch; eine große ästhetische Leistung. Diese Tradition sehe ich heute bei Habitat. Wie beschreiben Sie lhren eigenen Wohnstil? Als nicht konventionell. Wir wollen Platz haben und legen keinen Wert auf teure Möbel, weil die öfter mal ausgetauscht werden. Wir lieben Bilder, und die werden auch gewechselt. Deswegen darf man auch nicht hinter die Bilder gucken, weil die Wände voller Nägel sind. Wir machen gerne Musik, haben einen gut gefüllten Weinkeller und legen Wert auf Dinge, die mit Sinnlichkeit zu tun haben. Wir empfangen sehr gerne Freunde, aber was andere von unserer Wohnung halten, ist nicht sehr wichtig.
    Wir hatten Sie eigentlich in einer großen Altbauwohnung mit langen Zimmerfluchten und 3,80 Meter hohen Decken erwartet.
    So eine Altbauwohnung hatten wir früher, gemietet und gleich um die Ecke. Aber dann gab mir ein Bekannter einen Tipp, dass in einer schönen Straße eine denkmalgeschützte Villa zu verkaufen sei. Alleine hätten wir sie nie bezahlen können, aber mit zwei Partnern ging es. Und so wohnen wir jetzt schon seit 28 Jahren hier und haben es bis auf die letzten Jahre nicht bereut. Man wohnt oben drüber und hat einen freien Blick. fetzt, wo wir freilich älter werden, merken wir: dritter Stock, viele Stufen bis in den Keller, das Schleppen mit dem Einkauf. Das wird langsam schwierig. Was wäre die Alternative?
    Wieder die Altbauwohnung im Parterre, mit hohen Decken, Garten. Oder bauen.
    Sie hätten Lust zu bauen?
    Große. Unserer Tochter hat ein altes Siedlungshaus gekauft mit einem 1000 Quadratmeter großen Garten. Da gibt es einen wunderbaren Flecken, auf dem wir ein Haus bauen würden. Nur leider gibt es für diese Ecke keine Baugenehmigung. Was würden Sie denn bauen" wenn Sie dürften?
    Etwas in der Tradition des Bauhauses, einen Würfel, ortsüblich mit Klinkern. Es gibt la wunderbare Backsteinkuben. Und innen ganz schlicht. Ich würde gerne ein Zeichen setzen, bevor all die anderen Architekturen in diese Siedlung kommen, die ich nicht leiden mag. Daran können sich dann andere orientieren, vielleicht sogar eine Bauverwaltung.
    Sie sehen das l-laus also nicht nur als Ihr Zuhause, sondern auch als
    Botschaft an andere?
    Wir gestalten mit jedem Hausbau Land, Landschaft und Umwelt, und da sollten wir bestimmte ästhetische Grundsätze beachten. Und weil es im Einfamilienhausbau so selten ist, dass Zeichen gesetzt werden, könnte so ein Backsteinwürfel ein nützliches, ein gutes Zeichen setzen, einen zeitlosen Akzent für die Zukunft. Ich wundere mich darüber, wie wenig Modernität, Innovation, Fortschritt beim Bauen gewünscht werden, wie konservativ die Leute bauen, während sie in allen anderen Bereichen - bei Autos, Elektronik, Geräten – in Riesensprüngen weiter entwickeln. Und weil die Leute es nicht wollen, ändern sich weder die Bauunternehmen noch die Vorschriften. Dagegen würde ich gerne ein Zeichen setzen.
    Und wofür steht dieses Zeichen?
    Für eine andere Art zu leben. Ein offenes Leben, ein bescheidenes Leben,

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    holt und die genommen, die gute Referenzen nachweisen konnte und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bot und mit zuverlässigen - deutschen, das ist in meiner Situation wichtig - Handwerkern arbeitet. Und dann gibt's da noch einen Gutachter von der Lübecker Fachhochschule, der genau überprüft, was wie gemacht werden muss. Das Haus ist schließlich denkmalgeschützt.
    Klingt nach Lehrbuch.
    Ja, aber ich stelle auch immer wieder fest, wie unbewandert man als Privatmensch in solchen Dingen ist. Wir kennen uns ja mittlerweile mit Computern und Autos viel besser aus als mit unserem Haus. Ich habe Freunde, die kennen jeden Zylinder ihres Autos, ja, sie haben ein Verhältnis mit ihnen - aber wenn etwas am Haus zu tun ist, lassen sie sich immer wieder übers Ohr hauen. Bei der größten Investition, die ja ein Hauskauf oder -bau in der Regel ist, sind unsere Kenntnisse am schlechtesten.
    Sie haben vor fünf Jahren einen Verband mit ins Leben gerufen: den „Verband Wohnsiegel – Das Europäische Markenhaus“. Warum?
    Zusammen mit meinem Freund Heinz Lachmann habe ich diesen Qualitätsverband gegründet, in den nur Bauunternehmen und Hausanbieter aufgenommen werden, die sehr strengen Auflagen genügen. Unser Ziel ist es, Qualität, Bonität und Seriosität der Anbieter von Ein, und Zweifamilienhäusern zu erhöhen. Alle unsere Mitgliedsunternehmen werden vor der Aufnahme und dann jährlich von unabhängigen Fachleuten überprüft. Das geht sehr weit. Wir überprüfen die Verträge, die Bauherren abschließen, wir lassen uns die Bilanzen vorlegen, und wir befragen die Bauherren nach Abschluss des Bauvorhabens. Wir geben uns wirklich viel Mühe und können damit das Risiko, das die Leute eingehen, die ja beim Hausbau die größte Summe ihres Lebens investieren, auf ein absolutes Minimum reduzieren.
    Wie viele Mitglieder haben Sie?
    Derzeit 48.
    Das sind, nach fünf Jahren Verbandstätigkeit, nicht sehr viele.
    Wenn wir nicht so streng wären, hätten wir wohl mehr. Auch möchte manche Firma, die unsere Anforderungen erfüllen würde, sich nicht in die Karten gucken lassen. Aber wenn unsere Fachleute die Bilanz nicht prüfen dürfen, können wir den Bauherren gegenüber nicht überzeugend vertreten, dass diese Firma gesund ist und man gefahrlos mit ihr bauen kann.
    Woher kommt Ihr Engagement für dieses Thema?
    Ich war als Politiker mehrmals Bauherr, und es verging keine Sprechstunde als Ministerpräsident, in der nicht jemand sein Leid über ein missglücktes Bauvorhaben vortrug. Viele Leute sind ja ruiniert, wenn der Bauunternehmer während des Baus pleite geht, sie können ihren Traum vom eigenen Haus ein für alle Mal begraben. Dagegen kann man etwas tun. Und ich verbinde eine persönliche Leidenschaft damit: Bauen und Wohnen verdienen einen höheren Stellenwert, als sie hierzulande haben.

    Sie selbst sind ein erfahrener Wohner und haben Kriterien entwickelt, nach denen Sie gestalten, bauen, einrichten. Darüber gibt es in unserer Gesellschaft kein Allgemeinwissen. Wie sollten das junge Leute machen?
    Der beste Weg ist immer noch ein unkonventionelles Wohnen der Eltern. Das hat nichts mit Reichtum zu tun, man kann auch ein Siedlungshaus so gestalten, dass Kinder sich darin wunderbar entwickeln können. Wer in der Familie lernt, wie wichtig Wohnen ist, der wird diese Maßstäbe mitnehmen und sie später weiterentwickeln können. Wer in Lieblosbauten aufwächst, wie sie viele Gegenden prägen, wo weder das Äußere noch das Innere durchdacht ist, der wird es später schwer haben, diesen Prägestempel wieder loszuwerden.
    Da gibt es keinen Ausweg?
    Doch, aber der kostet in der Regel Geld. Man sucht sich einen Innenarchitekten, mit dessen Hilfe man das Haus, die Wohnung nach den eigenen Wohnbedürfnissen gestaltet. Wenn man ihn sich leisten kann, würde ich diesen Aufwand nie scheuen.
    Wer richtet bei Ihnen ein: Sie, Ihre Frau, beide gemeinsam oder der Innenarchitekt?
    Wir machen es selbst. Wir mögen Glas und Chrom – das war damals der Sprung weg von Ikea -, aber wir kämpfen auch miteinander. Meine Frau möchte es so hell wie möglich, am liebsten alles in Weiß, jetzt haben wir's mal in Hellgrau, aber meiner Frau ist es wohl doch zu grau. Praktischer ist es jetzt. Wir hatten immer schon viele Gäste, und viele von ihnen bleiben unvernünftig lange, sodass man doch noch zu später Stunde aus dem Keller jene Flasche Wein holt, die man eigentlich zu Beginn hätte trinken sollen. AIs wir vor einigen Jahren noch zwei weiße Sofas hatten, saß hier ein Dramaturg und erzählte mit raumgreifenden Bewegungen von einem Projekt, erwischte ein Rotweinglas - eins von den schönen, großen -, na, den Rest können sie sich vorstellen. Wir haben keine große Sache daraus gemacht, der Dramaturg brachte eine Kostümbildnerin mit; und die hat eine Litze darüber genäht. |a, und die Sache mit dem Teppich. Er war ganz frisch verlegt, eine Woche alt, und wir hatten Freunde zu Gast, auch Günter Grass. Es passierte dasselbe, Günter erzählt irgendwas, und das Glas fällt auf den neuen Teppichboden. Eine Katastrophe! Meine Frau und ich versuchten zu retten, was zu retten war, Günter stand daneben, sah zu, wie wir wischten und tupften und sagte: ,,Seid nicht so bürgerlich!" Das hat uns dann doch aus den Puschen geholt.

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